Kündigung nach 28 Dienstjahren wegen Mitnahme gebrauchter Umzugskartons
Erneut hat ein Mann wegen eines Bagatelldeliktes seinen Job verloren. Dem 50-Jährigen war gekündigt worden, nachdem er mehrere gebrauchte Kartons seines Unternehmens aus Trossingen (Baden-Württemberg) für den Umzug seiner Tochter mit nach Hause genommen hatte.
Selbst das Mitnehmen gebrauchter Kartons
reicht als Kündigungsgrund.
Das Gericht ging dem Dilemma der Verhältnismäßigkeit mit einem Vergleich aus dem Weg.
Vor dem Arbeitsgericht Villingen-Schwenningen
einigten sich beide Parteien darauf, die Kündigung gegen eine Abfindung von 6000 Euro aufrechtzuerhalten.
Nach 27 Jahren im Betrieb
Der 50 Jahre alte Trossinger war nach 27 Jahren im Betrieb von einer Überwachungskamera gefilmt worden, als er die Kartons einpackte. Die Firma sah dies als Diebstahl ab und kündigte dem Mann fristlos.
Dagegen zog der Mitarbeiter vors Arbeitsgericht - erfolglos. Er habe geglaubt, die Kartons würden nicht mehr gebraucht, sagte der 50-Jährige.
Wert eines gestohlenen Gegenstandes spiele keine Rolle?
Nach den Richtern in Radolfzell betonte auch der Vorsitzende der Kammer in Villingen-Schwenningen, der Wert eines gestohlenen Gegenstandes spiele keine Rolle für eine Kündigung. Entscheidend sei der entstandene Vertrauensbruch.
Vertrauensbruch wichtiger als Verhältnismäßigkeit?
Im Kinderbett -Müllmann (ArbG Mannheim, Urteil v. 30.7. 2009, 15CA 278/08 etwa, waren weitere Ansätze erkennbar. Da zog das Gericht den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit heran und befand, dass die Wegnahme des Kinderreisebetts zwar den objektiven Diebstahlstatbestand erfülle, die erforderliche Interessenabwägung zu Gunsten des Arbeitnehmers ausfalle, weil sein Verschulden geringwar, da
nach herrschenden betrieblichen Praxis davon auszugehen gewesen sei, dass er das Bett hätte an sich nehmen dürfen,
sofern er vorher um Erlaubnis gefragt hätte
und das Kinderreisebett für die Arbeitnehmerin keinen Wert mehr hatte, sondern unmittelbar zur Entsorgung anstand.
Bleibt abzuwarten, ob irgendwann aus der Europäischen Rechtsprechung ein Lappalien-Veto kommt.