Rückzahlungsklauseln für Fortbildungskosten

  • Rückzahlungsklauseln für Fortbildungskosten: ohne angemessener Bindungsdauer nichtig


    Finanziert der Arbeitgeber eine Fortbildungsmaßnahme, kann er vertraglich eine Mindest-Betriebstreue absichern, wenn die Ausbildung einen geldwerten Vorteil für den Arbeitnehmer hat. Doch dabei ist Umsicht geboten.


    Der Fall:
    Eine Apothekenhelferin hatte an einer Fortbildung zur „Fachberaterin Dermokosmetik” teilgenommen. Die Kursdauer betrug 9 Tage, verteilt über 4 Monate. Die Gesamtkosten i.H.v. ca. 3000 EUR einschließlich Reisekosten und Vergütung für die Fortbildungstage trug der Arbeitgeber.
    Nach Abschluss der Fortbildung schlossen die Parteien eine „Fortbildungs- und Rückzahlungsvereinbarung”, auf Grund derer die Arbeitnehmerin zur Erstattung der Fortbildungskosten in voller Höhe verpflichtet sein sollte, wenn sie innerhalb eines Jahres nach dem Ende der Ausbildung ausschied; schied sie innerhalb des zweiten Jahres nach der Ausbildung aus, sollte sie die Kosten anteilig zurückzahlen, und zwar gemindert um 1/12 für jeden Monat, den sie über ein Jahr hinaus im Betrieb des Arbeitgebers verblieb.
    Die Apothekenhelferin kündigte ihr Arbeitsverhältnis ein gutes Jahr nach Abschluss der Fortbildung. Mit ihrer Klage machte sie einen Betrag von gut 1000 EUR geltend, den der Arbeitgeber vom letzten Gehalt einbehalten hatte. Die Rückzahlungsverpflichtung hielt sie für unwirksam, weil die Bindungsdauer zu lang sei.

    Die Entscheidung:
    Das BAG gab der Arbeitnehmerin Recht. Rückzahlungsklauseln für Aus- und Fortbildungskosten unterliegen der gerichtlichen Inhaltskontrolle (§§ 305 ff. BGB). Wirksamkeitsvoraussetzung ist danach, dass
    • die Ausbildung von geldwertem Vorteil für den Arbeitnehmer ist und
    • dieser nicht unangemessen lange an das Arbeitsverhältnis gebunden wird.

    Zu lange Bindungsdauer vereinbart: nichtig
    Ist eine zu lange Bindungsdauer vereinbart, führt dies grundsätzlich zur Nichtigkeit der Klausel insgesamt; ein Rückzahlungsanspruch besteht nicht.
    Bei der Frage der zumutbaren Bindungsdauer ist das Interesse des finanzierenden Arbeitgebers, die von den ausgebildeten Arbeitnehmern erworbene Qualifikation möglichst lange im Betrieb nutzen zu können, dem Interesse des Arbeitnehmers gegenüber zu stellen, seinen Arbeitsplatz ohne Belastung mit Kosten frei wählen zu können.
    Nach diesem Maßstab ist die hier streitige Rückzahlungsvereinbarung unwirksam. Die gewählte 2-jährige Bindungsfrist ist in Ansehung der finanziellen Aufwendungen des Arbeitgebers und der Vorteile der Arbeitnehmerin aus der Fortbildung unangemessen lang. Für die 9-tägige Ausbildung wäre eine Bindungsfrist von maximal 6 Monaten angemessen gewesen, wobei die Zeiten zwischen mehreren Kursblöcken nicht zu berücksichtigen sind.
    (BAG, Urteil v. 15.9.2009, 3 AZR 173/08).


    Hinweis:
    Eine Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Rückzahlung von Ausbildungsbeihilfen ist dann zulässig, wenn diese Verpflichtung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nach Treu und Glauben dem Arbeitnehmer zuzumuten ist und vom Standpunkt eines verständigen Betrachters aus einem begründeten und zu billigenden Interesse des Arbeitgebers entspricht (ständige Rechtsprechung des BAG, z. B. Urteil v. 16.3.1994, 5 AZR 339/92).