Schikane durch verspätete Krankmeldung

  • Eine ordentliche Kündigung des Arbeitgebers sei auch ohne Abmahnung gerechtfertigt, wenn ein schikanöses Verhalten des Arbeitnehmers unwiederbringlich das Vertrauen des Arbeitgebers zerstört habe.



    Der Arbeitgeber, ein kleiner Handwerksbetrieb, konnte den Lohn der Mitarbeiter über mehrere Monate hinweg nur verzögert auszahlen, da die Kunden ihrerseits nur verspätet Rechnungen beglichen. Der Kläger hatte zunächst eine AU-Bescheinigung 6 Tage nach Erhalt abgegeben und wurde dafür - allerdings ohne Kündigungsandrohung und damit unwirksam - abgemahnt. Als er nach zwei Monaten wieder krank wurde, erhielt er 3 Tage später eine AU, die er seinem Kollegen übergab, der sie wiederum entgegen den Gepflogenheiten des Betriebs nicht beim Sekretariat abgab, sondern im Fach für die Stundenzettel ablegte. Seitdem ist die Bescheinigung verschwunden.


    Wie der Kläger offen einräumte, diente ihm dieses Verhalten als Retourkutsche; denn "mir wurde ja auch kein Geld gezahlt". Auch einer telefonischen Unterrichtung seines Arbeitgebers über sein Fehlen, so der Kläger, habe nichts entgegen gestanden.


    Das LAG Thüringen kam zu dem Ergebnis, dass die Kündigung nicht wegen fehlender Abmahnung scheitere. Auch ohne diese, so die Richter, müsse dem Kläger klar gewesen sein, dass dieses Verhalten von keinem Arbeitgeber toleriert würde. Zwar steht dem Arbeitnehmer bei Ausbleiben der Vergütung ein Zurückbehaltungsrecht seiner Leistung zu, jedoch darf dies nicht in einer den Arbeitgeber derart überrumpelten Art und Weise ausgeübt werden, und auch erst dann, wenn die Lohnrückstände den Lebensunterhalt gefährden. Mit seinem Verhalten hat der Kläger nach Ansicht der Richter das Vertrauen des Arbeitgebers in eine gedankliche weitere Zusammenarbeit unwiederbringlich zerstört.


    (LAG Thüringen, Urt.v. 02.08.2005 - 5 Sa 319/04 -)