BAG hat endschieden

  • Das BAG hat in zwei Entscheidungen vom 09.12.2008 Pressemitteilungen) seine bisherige Rechtsprechung zur Nachwirkung teilmitbestimmter Betriebsvereinbarungen bestätigt und zum Begriff der „Schriftform“ im Betriebsverfassungsgesetz Stellung genommen.


    Entscheidung vom 9.12.2008 – Az.: 1 ABR 79/07 - Schriftform
    Überraschend äußerte sich das BAG zum Begriff der Schriftform, die im Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) teilweise für Erklärungen des Betriebsrates gefordert ist, z.B. für die Verweigerung der Zustimmung des Betriebsrates zu Einstellung, Versetzung bzw. Ein- oder Umgruppierung gemäß § 99 Abs. 3 BetrVG und für die Mitteilung von Bedenken bzw. den Widerspruch gegen eine Kündigung gemäß § 102 Abs. 2 BetrVG.


    Der vom BAG entschiedene Sachverhalt betraf die Umgruppierung einer Mitarbeiterin, zu der der Arbeitgeber die erforderliche Zustimmung beim Betriebsrat gemäß § 99 Abs. 1 BetrVG beantragte. Dieser verweigerte die Zustimmung mittels maschinell erstellten Schreibens, das am Ende zwar eine Grußformel und Namen sowie Funktion des Betriebsratsvorsitzenden enthielt, jedoch von diesem nicht unterzeichnet war. Der Arbeitgeber machte geltend, die Zustimmung sei nicht formwirksam verweigert. Die Frage der Formwirksamkeit einer Verweigerung der Zustimmung ist im Rahmen des § 99 BetrVG deshalb relevant, weil nur die wirksame Verweigerung der Zustimmung dazu führt, dass der Arbeitgeber die beabsichtigte personelle Maßnahme zunächst nicht durchführen kann und die Zustimmung gerichtlich ersetzen lassen muss. Geht dem Arbeitgeber hingegen innerhalb der Wochenfrist ab Zugang des Antrags keine formwirksame erweigerung zu, gilt die Zustimmung als erteilt.


    Das BAG sah die Zustimmungsverweigerung als formwirksam an. Sie sei zwar schriftlich zu erklären, jedoch bedürfe es hierfür nicht zwingend der Unterschrift des Betriebsratsvorsitzenden, sondern es genüge, dass die Textform des § 126b BGB eingehalten sei. Diese aber fordere nur, dass die Erklärung in dauerhaft lesbarer Weise abgegeben, die Person des Erklärenden genannt und der Abschluss des Textes erkennbar sei.


    Die Entscheidung lässt befürchten, dass das BAG künftig dem Schriftformgebot unterliegende Erklärungen des Betriebsrates stets bereits dann für formwirksam hält, soweit sie nur der Textform (§ 126b BGB) genügen, auch wenn sie anders verkörpert sind, z.B. als E-Mail, CD-Rom und dies auch auf andere Schriftformgebote des BetrVG (z.B. § 102 BetrVG) ausdehnt. Dies vermindert die Rechtssicherheit für Arbeitgeber und eröffnet dem Betriebsrat Missbrauchsmöglichkeiten. Der Arbeitgeber kann bei bloßer Textform nicht exakt erkennen, ob sich der Betriebsrat abschließend äußert und dieser könnte in Textform abgegebene Erklärungen als „Irrläufer“ deklarieren. Arbeitgeber sollten daher bei gesetzlich vorgesehener Schriftform weiterhinunterzeichnete Erklärungen des Betriebsratsvorsitzenden verlangen.
    Entscheidung vom 9.12.2008 – Az.: 3 AZR 384/07 - Nachwirkung
    In der zweiten Entscheidung bestätigte das BAG seine Rechtsprechung zur Nachwirkung teilmitbestimmter Betriebsvereinbarungen. Gesetzliche Nachwirkung einer Betriebsvereinbarung, d.h. die unmittelbare (auch für im Nachwirkungszeitraum eingestellte Arbeitnehmer) aber nicht mehr zwingende Wirkung (abweichende Vereinbarungen möglich) tritt nur ein, wenn und soweit die dort geregelten Gegenstände der zwingenden Mitbestimmung des Betriebsrates unterliegen(z.B. § 87 BetrVG). Eine Nachwirkung kann zwar zwischen den Betriebsparteien auch vereinbart werden, jedoch ist dann zu prüfen, wie weit die Nachwirkung gemäß Vereinbarung reicht.


    Im vom BAG entschiedenen Fall hatte der Arbeitgeber Leistungen der betrieblichen Altersversorgung per Betriebsvereinbarung unter Bezugnahme auf „Satzung und Richtlinien einer Unterstützungskasse“ zugesagt. Letztere waren in einer Gesamtbetriebsvereinbarung (GBV) geregelt, für die Nachwirkung vereinbart war. Der Arbeitgeber kündigte die Gesamtbetriebsvereinbarung und widerrief zugleich vollständig die Versorgungszusage für die Zukunft (erdiente Anwartschaften blieben bestehen), um eine Dynamisierung und künftige Zuwächse zu beseitigen. Hiergegen wandte sich ein betroffener Arbeitnehmer und hielt den Widerruf für unwirksam.


    Die vertraglich vereinbarte Nachwirkung der GBV (Einzelfallentscheidung) legte das BAG so aus, dass diese den Widerruf der Versorgungszusage nicht hindere. Eine gesetzliche Nachwirkung (die den Widerruf ggf. gehindert hätte) der GBV sei ebenfalls nicht gegeben, da der Widerruf auf die vollständige Beseitigung der betrieblichen Altersversorgung für die Zukunft ziele, der mitbestimmungsfrei ist. Der Betriebsrat könne nur bezüglich der (ebenfalls in der gekündigten GBV) enthaltenen Verteilungsgrundsätze gem. § 87 Abs.1 Nr. 8 BetrVG mitbestimmen. Angesichts des vollständigen (mitbestimmungsfreien) Widerrufs sei aber für eine mitbestimmungspflichtige „Neuverteilung“ kein Raum mehr.


    Die gesetzliche Nachwirkung reicht folglich immer nur soweit, wie die mitbestimmungspflichtige Regelung reicht.


    Quelle:
    Forum [left][/left]Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht smiley1099

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