Rechtsprechungsänderung zur Unwirksamkeit aller weiteren Kündigungen

  • Rechtsprechungs?¤nderung: Falsche Bewertung eines Arbeitnehmers anhand eines Punktesystems f??hrt nicht zur Unwirksamkeit aller weiteren K??ndigungen


    Die bisherige Rechtsprechung, wonach bei einem betriebsbedingten Stellenabbau alle K??ndigungen unwirksam sind, wenn der Arbeitgeber die soziale Schutzbed??rftigkeit der Arbeitnehmer anhand eines Punktesystems bewertet hat und ihm bei nur einem Arbeitnehmer ein Fehler unterlaufen ist ("Dominotheorie"), wird aufgegeben. Von einem solchen Fehler kann nur der gek??ndigte Arbeitnehmer profitieren, der bisher auf dem letzten Platz der K??ndigungsrangliste gestanden hat.


    Der Sachverhalt:
    Der Kl?¤ger war bei dem beklagten Unternehmen als Maschinenf??hrer besch?¤ftigt. Wegen eines Umsatzr??ckgangs entschloss sich der Beklagte, 55 Stellen im gewerblichen Bereich abzubauen. Zur Durchf??hrung der Sozialauswahl erstellte er ein Punktesystem mit den Kriterien Lebensalter, Betriebszugeh??rigkeit, Unterhaltspflichten, Familienstand und Schwerbehinderteneigenschaft. Die 55 Arbeitnehmer mit der geringsten Punktzahl sollten entlassen werden.


    Der Kl?¤ger befand sich mit einer Gesamtpunktzahl von 41 an 43. Stelle der Liste. Ihm wurde deshalb mit Schreiben vom 29.4.2004 zum 30.9.2004 aus betriebsbedingten Gr??nden gek??ndigt. Mit seiner hiergegen gerichteten Klage r??gte er die Sozialauswahl. Der Beklagte habe dem Kollegen A. 44 Punkte und damit den â?? von der K??ndigung nicht erfassten - 73. Rang zuerkannt, obwohl dieser nur mit 39 Punkten zu bewerten sei. Der Beklagte machte geltend, dass ein solcher Fehler allenfalls dem Arbeitnehmer zugute kommen k??nne, der bei richtiger Berechnung der Punktzahl ungek??ndigt geblieben w?¤re, also dem bisher auf Platz 55 der Rangliste gesetzten Arbeitnehmer.


    ArbG und LAG gaben der K??ndigungsschutzklage statt. Dies begr??ndeten sie mit der vom BAG aufgestellten â??Dominotheorieâ??, wonach die K??ndigungen aller Arbeitnehmer unwirksam seien, wenn dem Arbeitgeber bei der Ermittlung der Punktzahlen ein Fehler unterlaufen sei und deshalb auch nur einem Arbeitnehmer, der bei richtiger Ermittlung der Punktezahlen zur K??ndigung angestanden h?¤tte, nicht gek??ndigt worden sei. Auf die Revision des Beklagten hob das BAG die Vorentscheidungen auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LAG zur??ck.


    Die Gr??nde:
    Die K??ndigung des Arbeitsverh?¤ltnisses mit dem Kl?¤ger ist nicht schon deshalb unwirksam, weil dem Beklagten m??glicherweise hinsichtlich des Arbeitnehmers A. bei der Ermittlung der Punktzahlen ein Fehler unterlaufen ist. Die bisher vom Senat vertretene â??Dominotheorieâ??, wonach ein Rechenfehler des Beklagten ohne weiteres die Unwirksamkeit der K??ndigung des Kl?¤gers zur Folge gehabt h?¤tte, wird aufgegeben.


    Kann der Arbeitgeber in F?¤llen wie dem Vorliegenden im K??ndigungsschutzprozess aufzeigen, dass der gek??ndigte Arbeitnehmer auch bei richtiger Erstellung der Rangliste anhand des Punktesystems zur K??ndigung angestanden h?¤tte, so ist die K??ndigung nicht wegen fehlerhafter Sozialauswahl unwirksam. Denn der Fehler ist f??r die Auswahl dieses Arbeitnehmers nicht urs?¤chlich geworden. Er wirkt sich vielmehr nur bei dem Arbeitnehmer aus, der bislang auf dem letzten Platz der Rangliste gestanden hat und deshalb bei Vermeidung des Fehlers ungek??ndigt geblieben w?¤re.


    Nach diesen Grunds?¤tzen wirkt sich ein etwaiger Fehler des Beklagten bei der Berechnung der Punktezahl f??r A. auf den Kl?¤ger nicht aus, da dieser auch durch die Einbeziehung des A. in den Kreis der zu K??ndigenden nicht auf den sicheren Platz 56 der Liste gelangt w?¤re. Die Sache ist allerdings noch nicht entscheidungsreif. Sie war zur Aufkl?¤rung weiterer strittiger Punkte an das LAG zur??ckzuverweisen.


    Quelle: BAG PM Nr.68 vom 9.11.2006