Kietzorientierte Mehrfachtäter

  • So ich muss mal ein bisschen weiter ausholen.
    Leute die ihren täglichen Spass mit Ladendieben haben werden ja sicherlich die lustigen Antworten der Staatsanwaltschaft kennen die so ca ein halbes Jahr später einflattern...


    Es geht um den geliebten Standartbrief:
    Das Verfahren gegen Max Mustermann kann momentan nicht fortgeführt werden da der Aufenthaltsort der Person momentan unbekannt ist. Die erforderlichen Maßnahmen zur Ermittlung habe ich eingeleitet. Sollten sie Kentniss vom Aufenthalt der Person erlangen informieren sie mich bitte.



    So nun zu meiner Situation wir haben in unseren Märkten einen extra Hefter mit den Leuten die "gesucht" werden, nur kein wirklich sinnvolle Aussage was wir mit denen machen sollen.
    Wenn ich "Max Mustermann" nun ein zweites mal im Laden bei einem Diebstahl antreffe, ist der Aufenthaltsort ja bekannt mein Laden bzw nach übergabe die entsprechende Wache auf der ihm ja seine Vorladungen usw übergeben werden können.


    Nun zur Frage:
    Mit welchem Recht könnte ich ihn nach dem 2. Diebstahl festhalten?


    - Vorläufige Festnahme nach §127c fällt ja raus da mir ja die Identität der Person bekannt ist.


    - §229 BGB Selbsthilfe würde gehen, aber nun die Frage habe ich überhaupt einen zivilrechtlichen Anspruch? Da das Verfahren vom 1. Diebstahl ja in "arbeit" ist? Habe ich quasi einen Anspruch auf "Fortführung meines Prozesses"?

  • Ich lehne mich jetzt etwas heraus...


    aber ich würde hier den 127 (1) heranziehen.


    Zitat

    (1) Wird jemand auf frischer Tat betroffen oder verfolgt, so ist, wenn er der Flucht verdächtig ist oder seine Identität nicht sofort festgestellt werden kann, jedermann befugt, ihn auch ohne richterliche Anordnung vorläufig festzunehmen.


    Du bist "im Besitz" eines Dokumentes der entsprechenden Strafverfolgungsbehörde, dass die Identität des Täters nicht festgestellt werden kann.Zur Identität gehört meines Wissens und meiner Ansicht nach auch die Wohnanschrift.


    Wie will man sonst Schadenersatzansprüchen gegen jemanden geltend machen? Man stelle sich vor, der Täter würde Hans Müller heißen... Wie viele gibt es davon in Europa?


    § 163 a hätte da im Vorfeld eine Anwendung finden sollen. Teilzitat:


    Zitat

    (1) Ist jemand einer Straftat verdächtig, so können die Staatsanwaltschaft und die Beamten des Polizeidienstes die zur Feststellung seiner Identität erforderlichen Maßnahmen treffen; § 163a Abs. 4 Satz 1 gilt entsprechend. Der Verdächtige darf festgehalten werden, wenn die Identität sonst nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann.


    Und wie immer der Satz: Dies ist nur meine persönliche Meinung!!! Wenn du entsprechende Rechtssicherheit haben möchtest, wende dich bitte an den Anwalt deines Vertrauens. 8)

  • Unter Umständen kann es für Dich schon gefährlich damit werden, da Du ihn ja schon einmal als Täter hattest und seine Identität Dir also bekannt ist.



    Die vorläufige Festnahme nach §127 (1) StPO passt hundertprozentig - gerade mit der Nachricht der StA, nach welcher der Aufenthaltsort des Beschuldigten unbekannt ist und deshalb das Verfahren gegen ihn vorerst nicht fortgeführt werden kann.


    Begründung:


    Es ist ein weit verbreiteter Irrglaube, dass eine Person mit bekannter Identität durch den Jedermann nicht festgenommen werden darf.
    Im §127 (1) StPO werden 2 Voraussetzungen genannt, bei dessen Vorliegen im Oder-Prinzip die vorläufige Festnahme durchgeführt werden kann (sofern die anderen zwingend notwendigen Voraussetzungen "bei Straftat auf frischer Tat betroffen oder verfolgt" gegeben sind)


    Einmal eben die nicht sofort feststellbare Identität, und einmal der Fluchtverdacht (NICHT Fluchtgefahr, die ist etwas anderes bzw. wird enger definiert):
    Wird jemand auf frischer Tat betroffen oder verfolgt, so ist, wenn er der Flucht verdächtig ist oder seine Identität nicht sofort festgestellt werden kann, jedermann befugt, ihn auch ohne richterliche Anordnung vorläufig festzunehmen.


    "Oder" = Es muss nur eine von diesen beiden Voraussetzungen gegeben sein. So kann ich auch einen mir persönlich bekannten Täter vorläufig festnehmen, wenn eben Fluchtverdacht besteht: Der Verdacht, dass sich der Täter der Strafverfolgung entziehen möchte.
    Andernfalls müsste es im Gesetz "UND" heissen.


    In den genannten Fällen, in denen die StA mitteilt, dass der Beschuldigte sich der Strafverfolgung bislang entziehen konnte wegen unbekanntem Aufenthalt, wird dieser Verdacht bestens begründet und ich kann ihn problemlos nach §127 (1) StPO festnehmen, auch wenn ich die Identität des Täters kenne.




    daffi


    Ich gehe davon aus, dass du in deinen weiteren Ausführungen den §163 StPO meintest, nicht den §163a StPO.


    Weiterhin darf ich davon ausgehen, dass du den Polizeibeamten hier den Vorwurf machst, nicht alles unternommen zu haben was erforderlich ist? Der §163 StPO ist ja keine Jedermannsvorschrift sondern richtet sich an die Behörden...

  • Naja also ich denke eigendlich das der 127c komplett wegfällt. Da mir ja die Identität bekannt ist und die "frische Tat" ja nun auch schon in der Vergangenheit liegt...



    Drum währe ich ja auf die Selbsthilfe gegangen...

    Zitat

    § 229
    Selbsthilfe.Wer zum Zwecke der Selbsthilfe eine Sache wegnimmt, zerstört oder beschädigt oder wer zum Zwecke der Selbsthilfe einen Verpflichteten, welcher der Flucht verdächtig ist, festnimmt oder den Widerstand des Verpflichteten gegen eine Handlung, die dieser zu dulden verpflichtet ist, beseitigt, handelt nicht widerrechtlich, wenn obrigkeitliche Hilfe nicht rechtzeitig zu erlangen ist und ohne sofortiges Eingreifen die Gefahr besteht, dass die Verwirklichung des Anspruchs vereitelt oder wesentlich erschwert werde.
    .


    Ich währe ja über die erschwerung gegangen nur bin ich mir nicht sicher da ja ein Verfahren momentan läuft... wieweit man da als privatperon überhauptnoch irgendwas damit zu tun hat.
    Und der Brief der Staatsanwaltschaft is ja blos ne Info und kein "fangschein" für mich :wacko:


    Wobei aber auch zivilrechtlich es eng wird da ja eigendlich keinen Schadensersatzanspruch gibt da die gestohlene Ware ja wieder rausgerückt wurde.

  • Gut, den Täter nach §127 (1) StPO (nicht 127c, den gibts nicht) festnehmen geht natürlich nur dann, wenn er erneut einen Ladi begeht.
    Wegen dem alten Ladi kannst ihn nicht noch einmal nach 127 (1) StPO festnehmen.


    Ich ging davon aus, dass der alte (bekannte) Täter einen neuen Ladi begeht.


    Wenn der (flüchtige) Täter einfach so im Laden auftaucht, kannst du


    a) die Polizei rufen und hoffen, dass die zeitnah auftaucht, denn Festhalten nach 127 (1) ist nicht - der Typ wird höchstwahrscheinlich zur Aufenthaltsermittlung ausgeschrieben sein, die Polizei trifft dann die entsprechenden Maßnahmen.


    b) Festnahme nach 229 BGB setzt lediglich einen einklagbaren Anspruch voraus - wie dieser Anspruch aussieht, ist egal. Ebenso ob der Anspruch tatsächlich eingeklagt wird. Die Tatsache, dass das Diebesgut bereits wieder da ist ändert am einklagbaren Anspruch nicht unbedingt was, es gibt ja ggf. noch andere Ansprüche. So muss der Ladi oft einen bestimmten Betrag an den Markt zahlen - ist das noch nicht geschehen, besteht auch hier eine Forderung und damit ein einklagbarer Anspruch.
    Die Verwirklichung des Anspruchs ist auch dann wesentlich erschwert, wenn der Aufenthaltsort nicht ermittelbar ist - analog dem Strafverfahren, dessen er sich dadurch entzieht.


    Eine Festnahme nach 229 BGB könnte also durchaus in Frage kommen, denn durch die Aufenthaltsermittlung durch die Polizei, welche dann ermöglicht wird, lässt sich auch der einklagbare Anspruch wieder verwirklichen.

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